Hintergrundinformationen

Das Kernenergiegesetz und die Kernenergieverordnung der Schweiz, die beide am 1. Februar 2005 in Kraft traten, haben für die langfristig sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle in der Schweiz die Weichen gestellt. Danach musste ein Sachplan zur Festlegung von Endlagerstandorten aufgestellt werden. Das schweizerischen Bundesamt für Energie (BFE) hatte die Federführung zur Aufstellung dieses Sachplans für „Geologische Tiefenlager“ zur Entsorgung radioaktiver Abfälle übernommen. Sachpläne sind in der Schweiz ein Instrument, um raumwirksame Aufgaben in einem transparenten Prozess durchzuführen und zu koordinieren. Die Zusammenarbeit mit Kantonen, Organisationen, Bevölkerung und Nachbarstaaten hat darin einen festen Platz. Der Mitwirkung und dem Dialog mit allen Beteiligten kommt beim Sachplan Geologische Tiefenlager (SGT) deshalb große Bedeutung zu.

Der SGT besteht aus einem Konzeptteil und einem Umsetzungsteil. Im Konzeptteil werden die Verfahrensregeln für die spätere Standortsuche festgelegt. Der vom BFE vorgelegte Konzeptteil wurde am 02. April 2008 vom schweizerischen Bundesrat verabschiedet. Demnach soll die Umsetzung des Standortauswahlverfahrens in drei Etappen erfolgen und zu einer ergebnisoffenen Standortfestlegung führen, so dass etwa ab 2050 ein Endlager für schwach- und mittelaktive Abfälle und ab 2060 ein Endlager für hochaktive Abfälle in Betrieb gehen kann.

Im Zuge der ersten Etappe des Sachplanverfahrens hat das Schweizer BFE am 06.11.2008 potenzielle Standortgebiete bekannt gegeben, die nach einer geowissenschaftlichen Auswahl der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) als Tiefenlager für radioaktive Abfälle geeignet sind. Die Vorschläge der Nagra in Etappe 1 umfassten sechs Standortgebiete für schwach- und mittelaktive Abfälle. Drei dieser Standortgebiete waren darüber hinaus auch für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle ausgewiesen. Im Zuge der zweiten Etappe hat die Nagra am 30.01.2015 als Standortgebiete, die in Etappe 3 des SGT weiter untersucht werden sollen, Zürich Nordost und Jura Ost vorgeschlagen. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) kam bei der Überprüfung des Vorschlags zum Schluss, dass die Zurückstellung von Nördlich Lägern aufgrund der bestehenden Ungewissheiten nicht ausreichend begründet werden kann und deshalb neben Jura Ost und Zürich Nordost weiter zu untersuchen ist. Alle drei Standortgebiete, die direkt an den deutschen Landkreis Waldshut grenzen bzw. in dessen Nähe liegen, seien sowohl für ein Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle als auch für ein Lager für hochradioaktive Abfälle oder für ein Kombi-Lager geeignet. Die Gebiete Südranden, Jura-Südfuss sowie Wellenberg wurden zurückgestellt.

Am 10.09.2022 verkündete die Nagra per Pressemitteilung ihren Vorschlag für die Standorte des geologischen Tiefenlagers sowie der Verpackungsanlage für die in das Tiefenlager einzubringenden radioaktiven Abfälle in der Schweiz und erläuterte den Vorschlag in mehreren darauffolgenden Medienkonferenzen. Mit der Bekanntgabe des Nagra-Vorschlags wurde ein wichtiger Meilenstein im schweizerischen SGT erreicht. Auf Basis dieses Vorschlags werden nun von der Nagra die Unterlagen für das Rahmenbewilligungsgesuch (RBG) erstellt, das voraussichtlich im Jahr 2024 von der Nagra beim ENSI zur Prüfung und Genehmigung eingereicht wird.

Die Nagra schlägt vor, im Standortgebiet Nördlich Lägern (NL) ein Kombilager zu errichten, in dem in einem Bereich die hochradioaktiven Abfälle (HAA) und in einem räumlich getrennten Bereich des Bergwerks die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle (SMA) eingelagert werden sollen. Die Infrastrukturanlagen an der Geländeoberfläche zur Errichtung sowie zum Betrieb des Bergwerks sollen im Gebiet Haberstal in der Gemeinde Stadel im Kanton Zürich gebaut werden. Die Verpackung der radioaktiven Abfälle in die Endlagerbehälter soll im Standortgebiet Jura Ost (JO) beim schweizerischen Zwischenlager (Zwilag) in der Gemeinde Würenlingen im Kanton Aargau erfolgen, von wo der Transport zum Tiefenlagerstandort per Schwerlasttransport auf der Straße erfolgt.

Die ESchT wurde zusammen mit einer Reihe von schweizerischen Stakeholdern einige Tage vor der öffentlichen Ankündigung der Standorte von der Nagra über ihren Vorschlag informiert. Am 17.10.2022 veröffentlichte die ESchT in einer Stellungnahme ihr "Plausibilitätsprüfung des Standortvorschlags der Nagra für das geologische Tiefenlager für radioaktive Abfälle in der Schweiz".

Generell unterstützt die ESchT das BMUV bei der Erarbeitung von Stellungnahmen und bietet ebenso der BeKo-Schweiz fachliche Unterstützung. Die ESchT begleitet das Auswahlverfahren, indem sie zu wichtigen Verfahrensschritten Stellungnahmen erarbeitet, die dem BMUV und der BeKo zur weiteren Verwendung zur Verfügung gestellt und auf ihrer Webseite der interessierten Öffentlichkeit bekannt gegeben werden. Die ESchT gibt keine eigenen Stellungnahmen gegenüber den schweizerischen Institutionen ab. Als Beobachterinnen und Beobachter des schweizerischen Auswahlverfahrens nehmen Mitglieder der ESchT zudem an deutsch-schweizerischen Expertengesprächen wie z. B. dem Technischen Forum Sicherheit teil.

 

Weiterführende Links  

Deutsche Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager (DKST)      
Informationsseite des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE)      
Schweiz:      
Themenseite "Radioaktive Abfälle" des Bundesamtes für Energie (BFE)      
Themenseite "Geologische Tiefenlager" des Eidgenössischen Nuklearscherheitsinspektorats (ENSI)      
Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (nagra)